How IT-Outsourcing works: Fünf Fragen an Florian Apel, Co-Founder von BitKollegen GmbH und Omnics Technologies Pvt. Limited
Wie funktioniert eigentlich IT-Outsourcing? Auf was kommt es an und welche Herausforderungen gibt es? Viele Unternehmen, die sich bislang nicht mit IT-Outsourcing auseinandergesetzt haben, stellen sich vor allem Fragen hinsichtlich der konkreten Umsetzung. Um hier ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen und auch den gängigen Vorurteilen gegenüber dem IT-Outsourcing in einer Offshore-Destination zu begegnen, haben wir Florian Apel ein paar Fragen zum Thema gestellt. Florian ist IT-Outsourcing-Spezialist und Co-Founder unserer Firmen BitKollegen GmbH und Omnics Technologies Pvt. Limited.
Florian, seit wann hast Du beruflich mit IT-Outsourcing zu tun? Mit welchen Destinationen hast Du schon gearbeitet? Welche Unterschiede sind Dir aufgefallen?
Ich habe etwa vor 15 Jahren angefangen, IT-Outsorcing aktiv zu nutzen. Dabei konnte ich Erfahrungen sowohl im sog. Offshore als auch im Nearshore-Bereich sammeln. Unter anderem habe ich mit Dienstleistern und Freelancern aus der Türkei, China, Vietnam, Südamerika, Indien sowie Polen, Rumänien und Weißrussland zusammengearbeitet. In Afrika habe ich bisher keine Erfahrungen gesammelt, aber es entsteht dort gerade ein spannender neuer Markt, den ich mir auch gerne einmal anschauen würde.
Aus meiner Sicht gibt es eine ganze Menge Unterschiede, die ich jetzt nur auszugsweise darstellen kann. Ganz generell kann man sagen, dass uns Nearshore-Mitarbeiter meistens kulturell näher sind. Weil deswegen die Kommunikation besser funktioniert, ist das Onboarding einfacher und man kommt leichter in den Arbeitsfluss. Die Kosten im Nearshore-Bereich sind allerdings etwa 30% bis 50% höher als im Offshore-Bereich.
Sprache ist auch ein sehr wichtiger Faktor. Gute Englisch- oder sogar Deutschkenntnisse sind natürlich erst einmal mitarbeiterindividuell. Allerdings habe ich die Erfahrung gemacht, dass in den verschiedenen Outsourcing-Destinationen im Schnitt teilweise ein sehr hohes und teilweise ein nicht so hohes Sprachniveau herrschen. Besonders schwierig ist es nach meiner Erfahrung mit den Englischkenntnissen in Südamerika, diese Länder bieten sich eher für ein Outsourcing ins spanisch- oder portugiesisch-sprachige Europa an.
In Indien, wo wir mit BitKollegen und Omnics aktuell tätig sind, ist englisch sogar Amtssprache, auch Gerichtsverhandlungen oder Behördenkorrespondenz finden in der Regel auf Englisch statt. Deswegen ist die Kommunikation mit Mitarbeitern aus Indien sprachlich kein Problem. Viele werden jetzt vielleicht einwenden: Aber der Akzent! Aus eigener Erfahrung kann ich aber sagen, an den Akzent gewöhnt man sich innerhalb weniger Tage.
Darüber hinaus gibt es natürlich eine Vielzahl von Unterschieden in Kommunikation und erlernter Arbeitsweise. Die asiatischen Länder sind zum Beispiel kulturell bedingt etwas unverbindlicher, was zu unterschiedlichen Erwartungshaltungen zwischen Kunde und Outsourcing-Mitarbeiter führen kann. Hier ist übrigens ein wichtiger Ansatzpunkt für unser kulturelle Coaching, welches uns bei BitKollegen und Omnics sehr wichtig ist, und gleich zu Beginn des Outsourcing-Prozesses stattfinden sollte. Hierfür sollte man unbedingt ausreichend Zeit investieren, damit das Outsourcing ein langfristiger Erfolg wird und keine Eintagsfliege bleibt. Ein solches Coaching sehen wir übrigens nicht nur für Mitarbeiter in der Outsourcing-Destination vor, um diese für den Europäischen oder US-Markt vorzubereiten, wir empfehlen es auch unseren Kunden bzw. den Personen im Unternehmen des Kunden, die mit ihren neuen Teammitgliedern künftig arbeiten werden.
Welche verschiedenen Outsourcing-Modelle gibt es? Für welchen Einsatz bzw. welche Art von Projekten eignet sich IT-Outsourcing besonders?
In der webbasierten Softwareentwicklung würde ich das Outsourcing in der Komplexität in zwei Kategorien unterteilen.
- Outsourcing der Frontend-Entwicklung: Diese Variante empfehle ich Unternehmen, die Ihre ersten Erfahrungen mit IT-Outsourcing machen. Die Komplexität ist gering und die Einbindung in das bestehende Team in Deutschland einfach.
- Outsourcing von Backend- und Frontend-Entwicklung: Diese Form des IT-Outsourcings ist aus meiner Sicht sehr komplex und erfordert viel Kommunikation und Projektmanagement aus Deutschland. Ich würde diese Variante nur Unternehmen empfehlen, die bereits Erfahrung mit IT-Outsourcing haben.
Welche Ressourcen benötigen Unternehmen, die ein IT-Outsourcing für sich in Erwägung ziehen?
Das ist tatsächlich die erste und wichtigste Frage, die man sich zu Beginn eines Outsourcing-Prozesses stellen muss: Verfügt das Unternehmen über die erforderlichen Ressourcen, um die Outsourcing-Mitarbeiter und deren Aufgaben im Projekt zu koordinieren?
An aller erster Stelle müssen auf Seiten des Kunden IT-Experten tätig sein, die das oder die Projekte zuverlässig koordinieren und auch die Qualität der geleisteten Arbeit bewerten können. Zudem benötigt der Kunde eindeutige Ziele und Anforderungen und sollte sich um eine klare Kommunikation bemühen, damit der Partner auch die Erwartungen erfüllen kann. Auch hierbei unterstützen wir unsere Kunden, insbesondere diejenigen, die erste Erfahrungen mit IT-Outsourcing sammeln, durch unser Consulting-Angebot.
Bei der Frontendentwicklung kann das Projektmanagement auf Kundenseite aus Deutschland das Outsourcing-Team mit betreuen. Bei der Backend- und Frontendentwicklung braucht man meiner Meinung nach in jedem Fall zusätzlich einen kommunikationsstarken kundenseitigen Backendentwickler im Team, der sogar zum Teil als Projektmanager eingesetzt wird. Ein Product Owner mit gutem technischem Verständnis kann dies aber ggf. auch leisten.
Wenn ein Kunde IT-Outsourcing-Leistungen gebucht hat: Was sind die üblichen Prozessschritte, um ein geeignetes Setup aufzusetzen?
Im ersten Schritt muss natürlich das geeignete Personal zur Verfügung stehen. Entweder haben wir bereits geeignete Fachkräfte in unserem Team oder die Stelle wird ausgeschrieben.
Wenn eine Ausschreibung erforderlich ist, stellen wir normalerweise eine Stellenausschreibung auf mehreren Online-Portalen ein, die auf den indischen Markt für IT-Fachkräfte spezialisiert sind. Typischerweise bewerben sich auf eine offene Stelle bei uns aktuell 300-500 Fachkräfte.
Um die Bewerbungen zu sichten, haben wir einen fünfstufigen Auswahlprozess etabliert. Zunächst filtern wir mit KI-Unterstützung diejenigen Bewerber heraus, die die erforderlichen Skills mitbringen. Die Verbleibenden werden auf Konsistenz geprüft einschließlich umfangreichem Background-Check. Typischerweise sind nach diesem Schritt dann noch etwa 10% der Bewerber übrig, die von unseren erfahreneren lokalen Senior-Entwicklern manuell gesichtet werden. Dann gibt es die erste technische Bewerberrunde mit den Senior-Entwicklern. Hier programmieren die Bewerber live und lösen kleinere Problemstellungen. Dabei geht es übrigens nicht darum, dass die Aufgaben möglichst schnell abgehandelt werden, sondern die Aufgaben dienen dazu, zu prüfen, ob die Bewerber kreativ an Lösungen herangehen. Ein kleines Assessment-Center also.
Wer in der technischen Runde gepunktet hat, hat ein zweites Vorstellungsgespräch, meistens mit einem der Founder, bei dem es um die wichtigsten Eckpunkte des Beschäftigungsverhältnisses geht. In der letzten Runde gibt es mit dem favorisierten Bewerber noch ein letztes Gespräch mit einem der Founder aus Deutschland, was sich im Wesentlichen um den kulturellen Aspekt dreht, also um die Frage, ob dieser Mitarbeiter geeignet ist, sich in ein Team eines europäischen Unternehmens einzufügen. Hierbei ist Fingerspitzengefühl gefragt, es führt auch übrigens nicht jeder kulturelle Unterschied gleich dazu, dass eine Zusammenarbeit aussichtslos ist.
Steht der Mitarbeiter/die Mitarbeiterin bzw. das Outsourcing-Team dann fest, sind weitere wichtige Schritte erforderlich. Diese spielen sich vor allem inhouse beim Kunden ab. Auch hierbei unterstützen wir bei Bedarf. Um nur einige wichtige Punkte zu nennen:
- Auswahl geeigneter Kommunikationstools (Chat, Videokonferenzen, spezielle Kommunikations-Apps, wie bspw. Slack, Teams) und bewusste Entscheidung, diese konsequent zu nutzen.
- Aufsetzen eines funktionierenden Ticket-Managements in einem Projektmanagement-Tool um die Aufgaben für den Outsourcing-Partner bereitzustellen.
- Formulierung von Programmierrichtlinien und Richtlinien für Dokumentation. Hat man sich auf solche gemeinsame Standards geeinigt, sollte man diese unbedingt auch langfristig einhalten.
- Eventuell Aufbau von drittlandgeeigneten Testsystemen mit anonymisierten Datenbanken für die Entwicklung.
- Kulturelles Coaching, möglichst auf beiden Seiten.
Generell gilt: Wenn man sich sorgfältig vorbereitet, strukturierte Prozesse und klare Kommunikation vorhält, steht einem erfolgreichen IT-Outsourcing nichts im Wege!
Was sind typische Probleme und Herausforderungen beim IT-Outsourcing generell und welche Lösungsstrategien sind geeignet?
Auf Seiten des Outsourcing-Anbieters besteht die Herausforderung vor allem darin, konstant hochqualifiziertes, kommunikationsstarkes und kulturell geschultes Personal anbieten zu können. Schafft es der Partner bspw. nicht, ein homogenes Arbeitsumfeld zu schaffen oder hat er kein gutes Lohnniveau, wird es zwangsläufig viel Mitarbeiterfluktuation und Know-how Verlust geben.
Deswegen rate ich Kunden, die die Möglichkeit zum IT-Outsourcing prüfen und sich verschiedene Anbieter anschauen, sich auch darüber zu informieren, ob die Entwickler in der Outsourcing-Destination ein gutes Arbeitsumfeld haben. Gibt es Fotos von den Büros vor Ort? Hier sollte der Partner transparent sein!
Schließlich können auch gewisse Risiken in Bezug auf Sicherheit und Datenschutz mit dem Outsourcing einhergehen. Stellen Sie sicher, dass der Partner über geeignete Sicherheits- und Datenschutzmaßnahmen verfügt, und integrieren Sie diese in den Verträgen.
Im laufenden Outsourcing können weitere Probleme auftreten, die den Projekterfolg gefährden können. Mangelnde oder ungeeignete Kommunikation ist ein häufiges Problem. Ebenso Anforderungen und Erwartungen die unklar formuliert sind. Dies führt oft zu Missverständnissen und Fehlinterpretationen. Kunden sollten hier vorbeugen, indem sie klare Kommunikationskanäle festlegen, Anforderungen eindeutig definieren und die Mitarbeiter in das Team einbinden, z.B. durch deren regelmäßige Teilnahme an Routineterminen wie das Weekly oder Daily.
Letztlich sind aber alle diese Herausforderungen lösbar, wenn man den Prozess des Outsourcings von Beginn an strukturiert und kultursensibel angeht und bei Schwierigkeiten nicht gleich die Flinte ins Korn wirft, sondern gemeinsam an einer Lösung arbeitet. Wir verstehen uns hier auch während des laufenden Outsourcing-Prozesses als verlässlicher Partner an der Seite unseres Kunden, der bei Bedarf stets auf unser kulturelles Coaching und Consulting zurückgreifen kann.