„Global IT-Outsourcing and Supply Chain Law“ – Dr. Franziska Lietz beim Meetup von Responsible Innovators
Am 29.02.2024 wurde Dr. Franziska Lietz von der Initiative Responsible Innovators eingeladen, über globalisierte IT-Dienstleistungen, die Grenzen des Arbeitsrechtsschutzes und Menschenrechte zu sprechen. Der Titel ihres Vortrags lautete „Global IT-Outsourcing and Supply Chain Law – How does Regulation Shape the Globalisation of IT Services?”. An ihrem Vortrag nahmen nicht nur Mitglieder der Responsible Innovators Deutschland teil, sondern auch Interessierte aus Kenia, im Rahmen einer Auftaktveranstaltung für die Gründung einer entsprechenden Initiative vor Ort zum Thema verantwortungsbewusste Innovation. Fun Fact: Diese hatten sich extra einen Kinosaal gemietet, um die Veranstaltung auf einer großen Leinwand zu verfolgen. Der zweite, ebenfalls sehr interessante Vortrag des Meetups wurde von Yannik Hirt präsentiert, hier ging es um „Green IT“.
Prekäre Arbeitsbedingungen und „Outsourcing Worst Case“ am Beispiel des Falles Daniel Motaung
In ihrem Vortrag thematisierte Dr. Lietz zunächst das Thema IT-Outsourcing und die Globalisierung der Remote-Arbeitswelt sowie die Gig-Economy. Aufgrund des großen Interesses der kenianischen Teilnehmerschaft wurde zudem der Fall von Daniel Motaung, einem Facebook-Moderator aus Südafrika, der vor einem kenianischen Gericht verhandelt wurde, besprochen. Daniel Motaung, unterstützt von der Kanzlei bzw. Organisation Foxglove, reichte eine Klage gegen den Outsourcing-Auftraggeber Meta und seinen direkten Arbeitgeber, die Outsourcing-Firma Sama, ein. Der Klage zugrunde lagen psychische Belastungen des Moderators durch PTSD, die durch die Moderation extremer Inhalte entstanden waren. Letztendlich entschied das kenianische Gericht, dass Meta wie ein Arbeitgeber für die Schäden, die dem Moderator aus seiner Tätigkeit für Meta entstanden sind, einstehen muss. Der Fall ist sehr aufschlussreich, da er viele Facetten der Problematik outgesourcter Tätigkeiten aufzeigt, bei denen die Auftraggeber vor allem Einzelaufträge (sog. Mikro-Gigs) vergeben und im Regelfall weder Kenntnis noch Interesse oder Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Personen zeigen, die die Aufgaben ausführen. Im Ergebnis werden die Errungenschaften des Arbeitsschutzes, die sich heutzutage in den meisten Rechtskreisen etabliert haben, in solchen Fällen nicht wirksam.
Gibt es „Human Rights Leakage“ und was kann man dagegen tun?
Ein weiterer Schwerpunkt des Vortrags war der Vergleich des grenzüberschreitenden Dumpings von Arbeitsschutzbestimmungen mit dem Phänomen des „Carbon Leakage“, bekannt aus dem Klimaschutzrecht. In beiden Fällen geht es darum, dass in weiter fortgeschrittenen Wirtschaftsnationen, bzw. dem globalen Norden, bereits vielfach ausdifferenzierte Umwelt- und Arbeitsschutzgesetze existieren. Wird die Produktion physisch oder durch Remote-Outsourcing in andere Regionen der Welt verlagert, in denen solche hohen Standards noch nicht etabliert sind, droht nicht nur ein „Carbon Leakage“, sondern auch ein „Human Rights Leakage“. Da die Herausforderungen ähnlich sind, könnten auch die Lösungen ähnlich aussehen. Ausgehend vom CBAM (dem Carbon Border Adjustment Mechanism), der eine Besteuerung bzw. finanzielle Belastung von in die EU eingeführten Gütern vorsieht, die in Ländern ohne Emissionshandel hergestellt wurden, stellt sich die Frage, ob z.B. eine Besteuerung von eingekauften Dienstleistungen, die in Ländern ohne Mindestlohn erbracht werden, eine Überlegung wert ist.
Fazit: You cannot outsource your responsibilities – At least not for good
Ausgehend von diesen Überlegungen und der zunehmenden Rechtsprechung in diesem Bereich kommt der Vortrag zu dem Schluss, dass Verantwortung auch im Bereich der Menschenrechte bzw. Arbeitsbedingungen nicht dauerhaft outgesourct werden kann („You cannot outsource responsibilities“).
Die dargestellten Entwicklungen deuten vielmehr darauf hin, dass sich mit der Zeit verbindliche Regelungen etablieren werden. Unternehmen sind folglich gut beraten, sich schon jetzt darauf einzustellen. Sie sollten sich ihrer grundlegenden Verantwortung auch bei der Auslagerung von Tätigkeiten bewusst sein und mindestens grundlegende Schutzmaßnahmen für die Personen ergreifen, die für sie arbeiten. Diese tragen schließlich in erheblichem Maße zum Erfolg der Unternehmen bei.