Warum menschenrechtliche Sorgfalt wichtig für Investmententscheidungen ist
Würden Sie in ein Unternehmen investieren, dass dem Thema menschenrechtliche Sorgfalt bei seinem Wachstum und seiner Geschäftsmodellentwicklung keine Beachtung schenkt?
Es ist nicht zu leugnen, dass in der Vergangenheit (und teilweise auch heute noch) Investitionen von großem Ausmaß in Unternehmen geflossen sind, die den Erfolg ihres Geschäftsmodells gerade daraus beziehen, dass menschenrechtswidrige Praktiken einen Teil der Wertschöpfung darstellen. Aktuell befinden wir uns allerdings gerade an einem Wendepunkt, an dem Investitionsentscheidungen zunehmend auch an der Menschenrechtskonformität von Einheiten ausgerichtet werden.
Die Relevanz von Menschenrechten für Unternehmen nimmt kontinuierlich zu, da die Erwartung an verantwortungsvolles Handeln in der Geschäftswelt wächst. Mit steigender Verrechtlichung unternehmerischer Verantwortung und einem gesteigerten Interesse von Kunden, Geschäftspartnern, Medien, Verbrauchern, Arbeitnehmern und der Zivilgesellschaft wird es für Unternehmen immer wichtiger, sich mit dem Thema Menschenrechte auseinanderzusetzen. Damit steigt die Bedeutung menschenrechtlicher Sorgfalt auch für Investitionen kontinuierlich an, und zwar unabhängig davon, ob es sich um Investitionen in Startups, etablierte Unternehmen, Joint-Ventures oder Investitionen mit dem Zweck der Sanierung oder Restrukturierung handelt.
Die Regulierung in diesem Bereich steckt noch in den Kinderschuhen, allerdings sehen wir die maßgeblichen Aspekte aktuell bereits in vielen Regelwerken, z.B. in den europaweiten Lieferkettengesetzen, in der Diskussion um eine „soziale Taxonomie“ oder im EU Critical Raw Materials Act.
Besonders in komplexen Wertschöpfungsketten entsteht eine Distanz zwischen den Unternehmen, die nach außen hin für die Vermarktung eines Produktes oder einer Dienstleistung verantwortlich sind, und den Menschen, die an der Herstellung, dem Transport, dem Verkauf oder dem Konsum ihrer Produkte und Dienstleistungen beteiligt sind. Dies erschwert die Erfassung der Auswirkungen des eigenen Unternehmens auf diese Menschen und ihre Rechte.
Zwar ist im Moment noch das öffentliche Interesse an menschenrechtlicher Sorgfalt hauptsächlich auf große, global agierende Unternehmen mit starken Marken fokussiert. Zunehmend betreffen diese Fragestellungen aber auch KMUs – zunächst als Teil von betroffenen Lieferketten, künftig aber auch immer mehr als direkter Adressat entsprechender Vorgaben.
Durch einen proaktiven Sorgfaltsansatz können Unternehmen nicht nur ihre soziale Verantwortung wahrnehmen, sondern auch langfristige Erfolge und positive Wirkungen auf Gesellschaft und Umwelt erzielen:
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- Sie bereiten sich auf wachsende gesetzliche Anforderungen und zukünftige Regulierungsmaßnahmen vor,
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- minimieren operative Risiken in schwierigen Kontexten,
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- stärken ihre Beziehungen zu Lieferanten,
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- arbeiten daran, die Anforderungen ihrer Kunden bestmöglich zu erfüllen und
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- stärken ihre Kreditwürdigkeit
So setzen sich Unternehmen, die Menschenrechte bereits jetzt als wichtigen Faktor für ihren wirtschaftlichen Erfolg begreifen, positiv von der Konkurrenz ab. Ein Engagement für Menschenrechte und Nachhaltigkeit kann auch den Kundenservice und das Produktqualitätsmanagement verbessern sowie die Zufriedenheit und Bindung der Mitarbeiter an das Unternehmen stärken.
Damit stellt der Umgang eines Unternehmens mit menschenrechtlichen Risiken mittlerweile einen wesentlichen Faktor für die Investitionsentscheidungen Dritter, z.B. Banken, Fonds etc., dar. Ein proaktiver Sorgfaltsprozess ermöglicht es Unternehmen somit, für potentielle Investoren attraktiv zu werden und mindert das Risiko von Investoren, im Nachhinein eine unerwartet erforderlich werdende Neuausrichtung im Bereich Menschenrecht mit finanzieren zu müssen.
Bild: Abgewandelt nach https://mr-sorgfalt.de/de/einstieg/ / UN Global Compact Lernplattform für Schweizer KMU, Arbeitspapier 1, 2008